Schlotti! Tom sprang auf und fuchtelte mit den Armen.
Schlotterbeck blickte in seine Richtung und als er den Verrückten sah, wie er lächelnd herumzappelte, musste er selber lächeln.
Schlotti! Schlotti! Komm rüber!
Als Schlotterbeck bei Toms Tisch auf der Terrasse des Cafés ankam, war ihm nicht nur wohl ums Bauchfell. Alle Augen waren auf ihn und Tom gerichtet.
Setz dich, Otti. Was ein Ding, dass du gerade hier vorbei gehst! Sag, kommst du voran mit der Hull-Biografie?
Äh, guten Tag, Tom. Nun. Ja. Nein. Ich…
…Super. Du musst einfach dranbleiben. Weisst du, wenn du dran bleibst, dann schaffst du es auch. Hahaha.
Ottokar Schlotterbeck musterte sein Gegenüber und hegte sogleich den Verdacht, dass Tom wieder einmal eine manische Phase durchlitt.
Tolles Wetter, super Stimmung hier. Und den Kaffee hier, musst du probieren. Wart, ich bestell dir… He, Bedienung! Schlotti, erzähl mal. Kannst du eigentlich meinen Input brauchen für dein Projekt. Ich meine, ging dir ein Licht auf dabei? Hast du die Lösung?
Lösung? Welche Lösung…
Sie wünschen.
Ja, wunderbar. Einen herrlichen Espresso für den Herrn hier. So wie meiner, hören Sie, der muss mindestens so gut werden, wie…
…Sonst noch was?
Sonst. Ja, klar. Mir auch noch mal einen. Moment. Trank seine Tasse aus. Können Sie gleich mitnehmen, dann müssen Sie einmal weniger, Sie wissen schon. Hahaha.
Tom?
Jaha?
Ähm. Bist du okay?
Ob ich okay bin? Was für eine Frage! Aber, hm. Ich kenne diese Frage. Wenn ich gut drauf bin, werde ich das gefragt. War schon in der Klapse so.
Übrigens. Von wegen, ähm, Klapse. Ich habe gestern die weltberühmte Action-Künstlerin Regina Engelhardt interviewt. Für einen Exklusivbeitrag über ihre steile Karriere, aber auch im Hinblick auf das Hullprojekt. Sie war ja, merkwürdig genug, vor ihrer Zeit als Künstlerin, Ärztin in der Psychiatrie und soll den sagenumwobenen Hull behandelt haben.
Ja. Die. Die Engelhardt. Unglaublich, nicht? Die hat ihr Ding gemacht. Ein Skandal jagte den andern. Ihre Werke stehen jetzt in den grossen Häusern für Modern Art herum.
Eher Postmoderner Quatsch, aber eben…
…Sie war auch als Ärztin einmalig. Ich verdanke ihr einiges.
Wie denn?
Sie hat mir zugehört.
Aha.
Ich konnte ihr all meine Thesen vorlegen. Ich konnte sie vollquatschen. Ich habe ihr die Geschichte Hulls anvertraut. Und sie hat, wohl als einzige, ja, sie hat’s begriffen. Sie hat alles verstanden, Schlotti. Das war, wie soll ich sagen, das war so unglaublich schön. Ich meine, wenn einer, sagen wir eine, wenn eine dich versteht. Richtig versteht. Das ist der Sinn am… ähm, vom Ganzen. Mehr geht nicht. Verstehst du? Wenn es Zoing! macht. Wenn die Antennen sich berühren, da draussen, und man weiss, man weiss, hier und jetzt bin ich angekommen. Hier und jetzt endlich hört mir einer, ähm, eine zu. Ich werde verstanden in vollstem Umfang. Werde ernst genommen. Es gibt tatsächlich die Möglichkeit, realen Kontakt zu einem anderen Wesen herzustellen. Verstehst du das, Schlotti? Die autistische Welt des eigenen Gehirns kann tatsächlich manchmal überwunden werden. Verstehst du, Schlotti!?
Ähm, vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Hier, die Espressi meine Herren, dürfte ich dann gleich einkassieren?